Hallo zusammen!
Jetzt ist unsere leider viel zu kurze Reise in die Ukraine vorbei und als kleinen Dank für eure hilfreichen und ermutigenden Ratschläge und Meinungen möchte ich, wie erbeten, eine kleine Zusammenfassung liefern. Sicherlich wird erfahrenen Reisenden einiges bekannt vorkommen

Unterm Strich lässt sich sagen, dass unsere Tour nach Sewastopol und dann Berdiansk eine Erfahrung ist, die wir nicht missen wollen.
Allerdings sind wir auch sehr naiv an die Planungen unseres Urlaubs herangegangen. Wer bislang nur Länder der westlichen Welt bereist hat, kann sich unter "schlechten Verhältnissen" eben nichts wirklich Konkretes vorstellen.
Aber nun zum Anfang.
Im Anflug auf Donezk sahen wir - wie erwartet - rauchende Industrieschornsteine. Schon das Einlesen im Internet hatte uns davon abgehalten, einige Tage für Donezk zu verwenden, weil das ja, anscheinend, eine fast reine Montanindustriestadt mit entsprechend wenig wirklichen Sehenswürdigkeiten ist. Und in das ukrainische Leben wollten wir lieber in einer kleineren Stadt - Berdiansk - eintauchen, um nicht überfordert zu werden von den Eindrücken.
Nach der Landung der erste interessante Unterschied zur Heimat: Das Gepäck wurde mit einem klapprigen Wagen angefahren und jeder durfte sich nehmen was er wollte. Die Grenzbeamten waren an uns, allerdings nicht an anderen, mehr oder weniger desinteressiert und so ging es schnell durch den Zoll, zur Wechselstube und dann an den um Geschäfte bemühten Taxifahrern vorbei zur Bushaltestelle. Dass wir Greenhorns dort auf ein Taxi verzichteten, war vielleicht eine gute Entscheidung, nicht nur weil wir während der langen Busfahrt zum Bahnhof genügend Gelegenheit hatten, uns in den Straßen umzuschauen, sondern auch weil, wie wir später leidvoll erfahren sollten, wir leichte Beute für Betrug gewesen wären. Auch wenn die Summen für unsere Verhältnisse für eine Dienstleistung wie Taxifahren gering geblieben wären, war doch während unseres gesamten Urlaubs das unschöne Gefühl präsent, übers Ohr gehauen zu werden weil wir Ausländer waren, sobald wir Taxi fuhren. Mal hatte einer kein Wechselgeld, mal fuhr er ohne Taxameter und verlangte Summen, für die uns Ukrainer auslachten, die wir später kennenlernen sollten.
Jedenfalls hatten wir dann noch eine geringe Wartezeit in der wir Fahrkarten lösen konnten, um mit dem Zug nach Sewastopol zu fahren. An sich war die Zugfahrt langsam und zähflüssig, aber doch sehr bequem.
Einige Tage auf der Krim vergingen wie im Flug. Die Eindrücke waren so stark, dass wir Ukrainer manchmal wie Kinder mit großen Augen vorgekommen sein müssen. Mir scheint es, als wären die Stadtzentren in der Ukraine jeweils halbwegs instandgesetzt, aber die Außenbezirke fast dem Verfall preisgegeben.
Es schmerzte uns zu sehen, wie arm viele Menschen sind. Insbesondere alte Leute scheinen oft kaum Geld für das Essen zu haben. Nachts schlichen oft Gestalten mit Taschenlampen um Mülltonnen herum, um darin etwas zu suchen. Alte Frauen verkaufen an kleinen Tischchen auf der Straße mal getrockneten oder (halb)frischen Fisch, mal nur einige Sträuße Dill.
Die Plattenbauten wie auch die kleinen Einfamilienhäuser sehen oft furchterregend aus.
In Berdiansk hatten wir die Möglichkeit, in einem dieser Plattenbauten zu wohnen. Ich hatte im Internet Telefonnummern privater Vermieter ausgebuddelt und so lebten wir in Berdiansk in einer 3-Zimmer-Wohnung für 150 hrn am Tag. Damit waren sowohl wir, als auch die dort eigentlich lebende Familie glücklich.
Anscheinend sind die Wohnungen an sich oft gut instandgehalten, während sich um Treppenhaus und Fassade niemand kümmert.
Im Treppenhaus unseres Hauses jedenfalls roch es recht unangenehm, das Licht funktionierte nicht. Überall lagen Zigarettenkippen und abgebröckelter Beton. An der Aussenwand lag die Isolierung frei und war dem Vermodern ausgesetzt. Die Wohnung jedoch war schöner, als ich das oft beispielsweise in Prag erlebt habe.
In Sewastopol hatten wir uns nachts nicht so richtig auf die Straßen getraut. Das muss ich peinlicherweise eingestehen. Wir wurden immer direkt als Ausländer erkannt und ich hatte Angst, dass wenn wir nachts um 2 um Geld angegangen würden, ich meine Freundin nicht beschützen und uns auch niemand helfen könne bzw würde. Dazu haben allerdings auch einige Ukrainer beigetragen, die wir in einem Cafe kennenlernten und die uns auslachten und sagten wir wären "Kamikaze" weil wir als Westeuropäer, nur einen Mann stark, die Ukraine bereisten. So lagen wir dort immer gegen 23 h im Bettchen und machten uns fit für den nächsten Tag.
In Berdiansk waren wir dann mutiger und letzten Endes, ob durch Glück oder weil die Warnung unbegründet gewesen war, ist uns auch nichts passiert. Während der Woche werden dort, jedenfalls in der Nebensaison, die Bürgersteige hochgeklappt. Aber dafür konnten wir am Wochenende einen Einblick gewinnen, wie die Ukrainer ausgehen. Es scheint, dass die meisten jungen Leute sich, bevor sie in Clubs gehen, auf Parkbänken den nötigen Mut antrinken um dann im Club sich entweder an einem Bier festzuhalten, oder aber garnichts zu sich zu nehmen. Das ist natürlich verständlich, sind die Preise doch im Verhältnis zum Einkommen dort immens höher als bei uns. Jedoch schienen alle fröhlich und ich konnte auch, als mich mehrere Jungs, etwas aggressiv, nach Zigaretten fragten, die Situation dadurch beruhigen, dass es mir nicht wehtat jedem einen zu geben.
Was die Preise angeht, waren wir tatsächlich überrascht. Alles, was ihr sagtet stimmte.
Heimische Produkte sind extrem billig, westliche dafür umso teurer. Das Essen in Restaurants ist wie bei uns entweder grottenschlecht oder sehr schmackhaft. Insbesondere mir gefiel das Schaschlik, das dort in jeder Variation auf Kohlen gegrillt wird. Ob gut oder schlecht, man kann immer günstig essen gehen. Wenn wir es uns zu zweit an nichts fehlen ließen, kamen wir mit gutem Trinkgeld auf nie mehr als 150 - 220 hrn. Je nach Restaurant...
Ich habe es schon erwähnt, die Taxifahrer waren das einzige Unangenehme das uns auf dieser Reise begegnete. Deswegen wählten wir für unsere Rückreise nach Donezk nicht ein Taxi, wie wir es für 800 hrn hätten nehmen können, sondern fuhren vom Busbahnhof Berdiansk über Mariupol für jeweils 65 hrn 4 Stunden nach Donezk. Das war eine gute Entscheidung, wie ich finde.
Zwar glich die Fahrt einem vierstündigen Ritt auf dem Trampolin, aber sie gab unserem Urlaub noch ein kleines Mehr an Würze.
In Donezk wurden wir sofort beim Aussteigen von Taxifahrern belagert, die sehr aufdringlich waren und wohl ein gutes Geschäft witterten. Jedenfalls ließ sich einer von ihnen gnädig von 300 auf 250 hrn für die Fahrt zum Flughafen herunterhandeln und meinte wohl, das sei eine gute Tat. Wir fuhren jedoch für je 2 hrn mit dem Bus.
Ich habe diesen kleinen Bericht jetzt einfach mal so heruntergeschrieben und dabei sicherlich einiges vergessen, was der Erwähnung bedurft hätte. Man möge mir verzeihen

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass dieser erste Einblick sicher nicht der Letzte war. Die Ukraine wird uns wiedersehen. Dann womöglich in Odessa oder Kiev. Dann muss ich hier nicht mehr um Hilfe bitten. Dass es jedoch dieses Forum gibt und ich hier im Vorhinein einige Hilfestellung bekommen konnte, war sehr hilfreich und irgendwie auch beruhigend.
Dafür nochmals meinen besten Dank!