paracelsus hat geschrieben:Aber mit ermüden hast du insofern ja recht, ich schreibe ja auch nur noch wenig. Diese Propagandageschichten, Fairy Tales und anderes Semannsgarn gehen mir auch ein wenig auf den Senkel.
Zunächst einmal vielen Dank, daß Du sofort reagiert hast. Als ich heute in der Mittagspause die Postings las und daran dachte, womit der Zweifler diesen Thread eröffnet habe, dachte ich mir, wieso schreibe ich hier überhaupt noch. Darum werde ich auch von jetzt an Dir gerne antworten. Ich weiß genau, daß Du der Revolution im Februar sehr kritisch gegenüberstehst. Insbesondere der neu gebildeten Regierung und des anschließend gewählten Präsidenten. Wie ich Dir gegenüber schon mal erwähnt habe, stand ich auch mal eher auf ostukrainischer Seite. In den folgenden Zeilen werde ich Dir versuchen zu erläutern, warum das nicht mehr so ist.
paracelsus hat geschrieben:Aber um auf das Topic zurück zu kommen: Die Ansichten des Zweiflers finde ich - zwar aus anderen Gründen als von ihm aufgeworfen - nicht so verdammenswürdig.
Überhaupt nicht. Allerdings ging es im cronos/Feindflieger-Geblubber auch längst um was völlig anderes. Wie so oft. Und als dann wieder alte Themen ausgepackt wurden, platzte mir der Kragen. Deren Postings werde ich daher auch nur noch lesen, wenn ich Lust auf Polemik habe. Also vermutlich frühestens übernächste Woche, wenn ich eine Woche Urlaub habe. Als Zeitvertreib, denn Erkenntnisgewinn bringt Polemik selten.
Ich zäume Deine Postings jetzt mal von hinten auf.
paracelsus hat geschrieben:Das sehr viele Ukrainer den derzeitigen Kurs nicht befürworten, müsste eigentlich auch den heissesten Ukrainisten klar sein. Dafür steht doch schon die "Wahlenthaltung" im ehemaligen PdR-Refugium.
Das greife ich gerne auf. Und zwar jetzt mal bewußt mit Polemik gegenüber der Ostukraine. Wahlenthaltung ist natürlich auch eine demokratische Option. Aber ebenso klar ist, daß die Partei der Regionen in der Ostukraine für die Wähler in den letzten drei Jahren immer weniger zu einer wählbaren Partei geworden ist. Die Ostukrainer, die ich kenne, hatten nichts gegen den Sturz Janukovichs und hielten "seine Partei" immer mehr ebenso für eine korrupte Partei. Aber kannst Du mir sagen, ob Agonie und Haß gegen die Westukrainer wirklich eine politische Option ist? Etwas Produktives kam jedenfalls kaum bis überhaupt nicht.
Natürlich sehe ich ebenso wie Du, daß sich die Ostukrainer kein Sprachrohr im Parlament gegeben haben. Was ein Problem ist, da ich ebenso wie Du sehe, daß die Mehrheit des Landes nichts mit der NATO zu tun haben will und
paracelsus hat geschrieben:Nur glaube ich, dass allein der Donbass mitttelfristig nicht das alleinige "Separationsgebiet" darstellen wird.
Das "neue Russland" ist vermutlich gar nich so weit weg.
Da stimme ich Dir zu. Das ist ein seltsamer Traum von einem Paradies, welches ich nicht nachvollziehen kann. Und es wird meines Erachtens zur Folge haben, daß die Agonie fortleben wird. Die Jugend wird noch stärker abwandern. Und die Oligarchen werden ausgewechselt. Die in Russland werden verdienen. Und die Separatisten. Oder die Separatisten schaffen es, sich in kürzester Zeit vollkommen lächerlich zu machen. Bislang sind sie auf einem guten Weg (unbeobachtet von dem Rest des potentiellen "Neurussland"). Im Grunde genommen eine Karikatur von Sizilien und der dortigen Mafia vor einigen Jahrzehnten.
Nebenbei bemerkt - ich habe noch nicht so ganz mitbekommen, welche Parteien sich an der Regierung beteiligen wollen. Angesichts des Wahlergebnisses halte ich es z.B. für Wahnsinn, daß Samopomich sich an einer Regierung beteiligen will, die aus Block Petro Poroschenko, All-Ukrainische Union "Vaterland" und der Volksfront besteht. Die Opposition kann man nicht nur den Clowns von der Radikalen Partei Oleh Ljaschkos überlassen. Den Oppositionsblock halte ich für eine Partei der Gestrigen. Sollte die Ukraine tatsächlich nicht auseinanderfallen, würde eine Neuwahl sagen wir mal in 2 Jahren durchaus Sinn machen.
paracelsus hat geschrieben:Ich glaube, durch die sich ergebende wirtschaftliche Situation werden auch im Süden und im restlichen Osten Absetzbewegungen sich verstärken. Bis der Bürgerkrieg wieder auflebt ist m.E. nur eine Frage der Zeit.
Ich bin darauf gespannt, wie sich die Politik der "prowestlichen Regierung" entwickeln wird. Die Opposition im Parlament ist doch nur marginal, da wird sich wohl eine ausserparlamentarische Bewegung entwickeln müssen.
Bislang ist die außerpalamentarische Opposition aber extrem destruktiv. Genährt von falschen Träumen aus Russland und gesteigerter Agonie. Wär an der Zeit, wenn sich auch im Osten endlich so etwas wie eine echte außerparlamentarische Opposition entwickeln würde. Die hätten durchaus auch in Kyiv oder im Westen eine Chance. Bislang hat man die bekannten Parteien doch auch eher auf Abruf und in Ermangelung von Alternativen gewählt. Selbst bei Samopomich bin ich mir nicht sicher, ob Kolomojskyjs Einfluß da nicht zu groß ist. Ist es eigentlich in der Ostukraine so ausgeschlossen, den Euromajdan als das zu begreifen, was es ursprünglich war - als Warnung an Oligarchie und an Korruption? Im Moment habe ich bei der Ostukraine einfach nur das Gefühl, die separatistische Antwort ist eine Antwort aus der Breshnev-Ära. Dumpf aber auf niedrigstem Level überlebbar. Und als gesellschaftlicher Kitt die ewige Parole des Antifaschismus, die noch inhaltsleerer ist als das C in der CDU.
Ich stimme Dir zu. Es wird Zeit für eine außerparlamentarische Opposition in der Ostukraine, die ihren Namen auch verdient hat. Das jüngste Säbelgerassel gegenüber den Separatisten halte ich für Schwachsinn. Die Lieferung von Strom und Gas in den Donbass gegen Geld allerdings für in Ordnung. Wenn die denn zahlen...
Ist nur ein Anfang. Aber eine Diskussion mit Dir "als Gegner" halte ich für sehr sinnvoll. Gibt sicher genügend Reibungspunkte für Dich, bei denen Du ansetzen kannst. Und so soll es sein. Deine Gegenargumente nehme ich sehr gerne ernst, habe ich doch bei Dir die Gewißheit, nicht all die DWN-Weisheiten präsentiert zu bekommen.
PS: Die EU kann nicht das echte Vorbild für die Ukraine sein. Deren Wirtschaftspolitik läßt gerade viele in Griechenland und in Spanien hungern. Die Ukraine braucht einen eigenen Weg.