PolitikZentralismus contra Regionalismus

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wikna
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Zentralismus contra Regionalismus

Beitrag von wikna »

In Lwiw kennt man die Probleme, die sich aus der starken Zentralisierung des Staates ergeben, nur zu gut. Wenn die Stadt etwa ein Stück Land an einen interessierten Investor verkaufen will, kann sie das nicht in Eigenregie tun. Preis und Konditionen werden von einer als korrupt geltenden Behörde in Kiew bestimmt. Auch für Baubewilligungen muss man sich an ein Amt in der Hauptstadt wenden; die Verfahren sind umständlich, ohne Schmiergeldzahlungen läuft offenbar nichts. In Lwiw fordert man deshalb mehr lokale Kompetenzen für die Belange, die das Wohlergehen der Stadt und ihrer Bürger bestimmen. Das reicht von den grösseren Fragen wie den Standortbedingungen und dem Wunsch nach mehr Steuerautonomie bis hin zu scheinbaren Kleinigkeiten. So erwähnt Sadowis Stellvertreter Kiral, dass man keinen Einfluss auf die lokale Strassen- und Ordnungspolizei habe, da sie dem Kiewer Innenministerium untersteht. Aus verworrenen gesetzlichen Gründen hätten die Polizisten keinen Anreiz, wildes Parkieren zu büssen und für Ordnung auf den Strassen zu sorgen. Wenn diese Kompetenzen bei der Stadt lägen, würde alles sofort funktionieren, erklärt Kiral – und die Stadt hätte aus den Bussen erst noch die dringend nötigen Einnahmen, um Strassen zu sanieren oder den öffentlichen Verkehr auszubauen.
Vorerst handelt es sich bei solchen Szenarien um Zukunftsmusik. In Lwiw wird man wohl noch einige Zeit mit den widrigen Umständen leben müssen, die von der nationalen Ebene auf die Regionen ausstrahlen. Das Investitionsklima wird nicht nur durch den korrupten Staatsapparat belastet, sondern auch durch ein reformbedürftiges Steuersystem – und derzeit natürlich durch den Krieg im Osten des Landes. Es sei unter den gegenwärtigen Umständen nicht einfach, Unternehmen und Menschen nach Lwiw zu locken, räumt Kiral ein, denn die Ukraine werde generell mit Unsicherheit und Krieg verbunden. So macht sich Kiral auch keine Illusionen, dass bald Scharen von westlichen Touristen nach Lwiw kommen könnten. Umgekehrt gilt aber auch, dass man den Krieg im Westen des Landes nicht stark spürt und dass er teilweise sogar positive Folgen zeitigt. So sind viele IT-Spezialisten aus dem umkämpften Osten nach Lwiw gezogen.
Längerfristig sollten sich die unbestreitbaren Stärken der Stadt Lwiw entfalten können. Dass man hier auf Tourismus setzt, leuchtet un-mittelbar ein, wenn man durch die Strassen der Stadt streift. Im Gegensatz zum vorherrschenden Bild von ehemaligen Sowjetrepubliken ist Lwiw ein sehr westlich geprägter Ort. Das ehemalige Lemberg war während rund 150 Jahren (von 1772 bis 1918) Teil des österrei-chischen Kaiserreichs als dessen viertgrösste Stadt, und vorher hatte man längere Zeit zum polnischen Königreich gehört. Dieser Periode hat Lwiw eine malerische Altstadt zu verdanken, die heute zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Im Zentrum dominiert eine lebendige Kaffeehaus- und Restaurant-Kultur. Das gefällt nicht nur den 130 000 Studenten in der 750 000-Seelen-Stadt, sondern auch den meist westorientierten IT-Spezialisten.
Mehr bei Wo die Ukraine West-Anschluss findet
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toto66
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Re: Zentralismus contra Regionalismus

Beitrag von toto66 »

Das legt den Finger auf das für mich grösste Problem der Ukraine. Die Dezentralisierung sowie eine wirklich umfassende Steuerreform sind dringend notwendig für eine wirtschaftliche Erholung. Es ist für mich die grosse Enttäuschung neben vielen anderen das es unter der Übergangsregierung und auch unter der neu gewählten noch keinerlei Anzeichen für diese komplette organisatorische Umgestaltung der Beziehungen des Staates zu seinen Regionen und Kommunen gibt. Wirkliche Verantwortung und Mittel in die Hände der örtlichen Verwaltungen zu geben ist der entscheidende Schritt auch auf dem Weg der Bekämpfung der Korruption.
Nur bin ich auch überzeugt das sich gerade die Menschen in Lviv spätestens nach dem Krieg von selbst dieser Dinge annehmen werden und sie erzwingen, sollte es keine Fortschritte geben.

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Alex7734
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Re: Zentralismus contra Regionalismus

Beitrag von Alex7734 »

toto66 hat geschrieben:Das legt den Finger auf das für mich grösste Problem der Ukraine. Die Dezentralisierung sowie eine wirklich umfassende Steuerreform sind dringend notwendig für eine wirtschaftliche Erholung. Es ist für mich die grosse Enttäuschung neben vielen anderen das es unter der Übergangsregierung und auch unter der neu gewählten noch keinerlei Anzeichen für diese komplette organisatorische Umgestaltung der Beziehungen des Staates zu seinen Regionen und Kommunen gibt. Wirkliche Verantwortung und Mittel in die Hände der örtlichen Verwaltungen zu geben ist der entscheidende Schritt auch auf dem Weg der Bekämpfung der Korruption.
Nur bin ich auch überzeugt das sich gerade die Menschen in Lviv spätestens nach dem Krieg von selbst dieser Dinge annehmen werden und sie erzwingen, sollte es keine Fortschritte geben.
genau so ist es leider. Dezentralisierung war eigentlich eins der Hauptforderungen auf dem Maidan, was auch jetzige Mitglieder der Regierung ganz laut geschriehen haben. Aber du weißt ja, versprechen heißt nicht heiraten. Poroschenko hat einiges lautstark versprochen was nicht eingehalten wurde, aber momentan hat er eine nette Möglichkeit von den Problemen ab zu lenken.

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wikna
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Re: Zentralismus contra Regionalismus

Beitrag von wikna »

Es gab (und gibt noch?) das Angebot eines Gesetzes zur Dezentralisierung seitens des "Faschistenhaufens in Kiew".
Die (in Moskau) "durchdachte Antwort" der (auch im Ria-Nowosti-Jargon so genannten) "sogenannten Volksrepubliken" war der Bruch des Minsker Abkommens mit ihrer "aus sich heraus" anberaumten Präsidentenwahlen.
Die von Moskau zwar "nicht anerkannt" werden, weshalb sie wohl deshalb durchgeführt wurden, um von von der Geheimdienst-Entaourage (WENIGSTENS) "öffentlich respektiert" werden zu können.
So als "PR-Gag", damit "UNSERE JUNGS" (Mädchen spielen ohnehin keine Rolle, nur als anzugreifende "Kommitees der Soldatenmütter", Väter verpissen sich derweil), dann "öffentlich für ihren Heldenmut geehrt" werden können...
während, wie gesagt, Soldatenmütter "nicht der Rede wert", aber mit der öffentlichen Bezeichnung "ausländische Agenten" (+ Nationalverräter usw) GEKENNZEICHNET werden.

Ich denke, ziemlich gleich, ob dieses Angebot noch verbesserungswürdig gewesen ist oder noch ist, es war ein Schritt, der mit einer "vorgezogenen Wahl" gewollt verhindert wurde.
Unsere "Neuklugen Nachdenk-Linken" sortieren solchen Umstand in ihrer Argumentation sorgfältig aus.
In anderen Fällen sind sie sehr schnell und "kompromisslos" mit dem vergleichenden Wort "Selektion" bei der Hand.
Wohl bekomm's!

Und noch einmal zur geheimdienstlichen "Respektanz" (dieser "Wahl"):
Anerkennung nein, aber "Respektanz" und "Hochachtung" und "Heldenmut" und "Legitimierung" (also die nicht anerkannte, aber respektierte!).....

Kann man(n) sich den ein hämischeres-mühsamer-verkniffenes Grinsen im Hintergrund der "vertikalen Machtzentrale" vorstellen?
Geht eine "tiefere Würdigung" des so zitierten "Volkswillens" noch?

Oder anders gefragt:
WIE BESCHEUERT MUSS MAN SEIN....
Die Umwertung aller Werte.
Das ist ersichtlich.

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toto66
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Re: Zentralismus contra Regionalismus

Beitrag von toto66 »

Alex7734 hat geschrieben:
toto66 hat geschrieben:Das legt den Finger auf das für mich grösste Problem der Ukraine. Die Dezentralisierung sowie eine wirklich umfassende Steuerreform sind dringend notwendig für eine wirtschaftliche Erholung. Es ist für mich die grosse Enttäuschung neben vielen anderen das es unter der Übergangsregierung und auch unter der neu gewählten noch keinerlei Anzeichen für diese komplette organisatorische Umgestaltung der Beziehungen des Staates zu seinen Regionen und Kommunen gibt. Wirkliche Verantwortung und Mittel in die Hände der örtlichen Verwaltungen zu geben ist der entscheidende Schritt auch auf dem Weg der Bekämpfung der Korruption.
Nur bin ich auch überzeugt das sich gerade die Menschen in Lviv spätestens nach dem Krieg von selbst dieser Dinge annehmen werden und sie erzwingen, sollte es keine Fortschritte geben.
genau so ist es leider. Dezentralisierung war eigentlich eins der Hauptforderungen auf dem Maidan, was auch jetzige Mitglieder der Regierung ganz laut geschriehen haben. Aber du weißt ja, versprechen heißt nicht heiraten. Poroschenko hat einiges lautstark versprochen was nicht eingehalten wurde, aber momentan hat er eine nette Möglichkeit von den Problemen ab zu lenken.
Ich freue mich zwar immer wenn mir jemand beipflichtet, aber ich fürchte, gerade wir beide reden von verschiedenen Dingen.
Gerade die Vorgänge im Osten sind, nicht nur wegen des Krieges ein Grund warum eine Dezentralisierung, ich betone dieses Wort ausdrücklich weil ich ein absoluter Gegner einer Föderalisierung bin, nicht vorankommt.
Hätten sich die Idioten im Osten an den Minsker Plan gehalten und im Dezember die vereinbarten Kommunalwahlen abgehalten statt dieses gefakten Unsinns der Wahlen eines "Parlaments" dort wäre das ganze wesentlich leichter. Aber genau das war nicht gewollt. Und da in Donezk und Luhansk nichts passiert was Moskau nicht will ( es sei denn, es machen sich gerade mal wieder paar verrückte "selbsständig" und rufen irgendwo eine "Kosakenrepublik" aus ) muss man wohl zu dem Schluss kommen das der Prozess einer Dezentralisierung nicht im Interesse des Kreml liegt. Dort heisst das erforderliche Mindestmaß Föderalisierung.
Ich glaube das ist ein Grund weshalb Putin weiterspielt.

Ansonsten muss man sagen, das der Prozess einer wirklich tiefgehenden Dezentralisierung des Landes natürlich ein sehr umfassender vorgang ist. Das betrifft viele organisatorische und Rechtsbereiche, Verwaltugen etc. Grosse fortschritte kann man da zu diesem zeitpunkt sicher noch nicht erwarten. Aber man kann erklären das man es tut und beginnen.
Ich vermisse den sichtbaren Willen zu Reformen, das ist meine Enttäuschung. Aber wer weiss, vielleicht gibts ja in den nächsten Wochen mehr Dynamik.
Im übrigen verwundert es mich wenn Fans von Putins Staat diese Forderungen aufstellen. Die zentralistische Organisation der Uktaine stimmt fast zu 100% mit der Russlands überein.

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Re: Zentralismus contra Regionalismus

Beitrag von Sonnenblume »

Alex7734 hat geschrieben:
toto66 hat geschrieben:Das legt den Finger auf das für mich grösste Problem der Ukraine. Die Dezentralisierung sowie eine wirklich umfassende Steuerreform sind dringend notwendig für eine wirtschaftliche Erholung. Es ist für mich die grosse Enttäuschung neben vielen anderen das es unter der Übergangsregierung und auch unter der neu gewählten noch keinerlei Anzeichen für diese komplette organisatorische Umgestaltung der Beziehungen des Staates zu seinen Regionen und Kommunen gibt. Wirkliche Verantwortung und Mittel in die Hände der örtlichen Verwaltungen zu geben ist der entscheidende Schritt auch auf dem Weg der Bekämpfung der Korruption.
Nur bin ich auch überzeugt das sich gerade die Menschen in Lviv spätestens nach dem Krieg von selbst dieser Dinge annehmen werden und sie erzwingen, sollte es keine Fortschritte geben.
genau so ist es leider. Dezentralisierung war eigentlich eins der Hauptforderungen auf dem Maidan, was auch jetzige Mitglieder der Regierung ganz laut geschriehen haben. Aber du weißt ja, versprechen heißt nicht heiraten. Poroschenko hat einiges lautstark versprochen was nicht eingehalten wurde, aber momentan hat er eine nette Möglichkeit von den Problemen ab zu lenken.
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