Geschichte, die durch den Gaumen geht: Im westukrainischen Lwiw lässt ein findiger Unternehmer historische Zusammenhänge dieser vielschichtigen und kosmopolitischen Stadt auf eine Art erlebbar werden, die ebenso unkonventionell wie erfolgreich ist.
ruh. Lwiw, im Juni
«Passwort!», zischt der bärtige Wachmann, den Karabiner im Anschlag. «Slawa Ukraini!» («Ruhm der Ukraine»), kommt es zurück; etwas lauter, als konspirative Vorsicht es gebieten würde. Das zuvor grimmige Gesicht des Uniformierten hellt sich auf; er greift nach winzigen Metallbechern. Heiss läuft der Honig-Wodka die Kehle hinunter. Darauf macht der Wächter die grob aus Holzlatten gezimmerte Tür auf, der Weg ins Untergrund-Versteck ist frei.
Ein «Partisanen-Disneyland»?
So locker wie hier ist es bei den Partisanen, die bis 1953 in der Westukraine operierten, natürlich nicht zugegangen. Organisiert als Ukrainische Aufstands-Armee (UPA), kämpften sie in den Wäldern der Umgebung für einen ukrainischen Staat, sowohl gegen die Nazis als auch später gegen die Sowjets. Ein Kampf, der nach Kriegsende angesichts der kommunistischen Übermacht aussichtslos war und in Vernichtung endete.
Deshalb gingen die Emotionen hoch, als Jurko Nasaruk am Rynok, dem prächtigen historischen Marktplatz der westukrainischen Metropole Lwiw (Lemberg), vor anderthalb Jahren das Restaurant «Kryjiwka» («Unterstand») eröffnete. Hier bedienen junge Mädchen in Partisanen-Uniform, an den Wänden der Kellerräume hängen historische Fotografien und militärische Ausrüstungsgegenstände, und in einer Nische steht ein leichtes Maschinengewehr. Solches passte vielen nicht, etwa denjenigen, die in Lwiw immer noch eine antirussische Stimmung zu spüren glauben, aber auch ehemaligen Partisanen, die ihre Vergangenheit als unwürdig behandelt empfinden.
Was auf den ersten Blick etwas zweifelhaft als «Partisanen-Disneyland» anmutet, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung jedoch als durchdachtes und sorgfältig aufgebautes Konzept. «Die Sowjetpropaganda zeichnete die ukrainischen Partisanen als Verräter, dabei kämpften sie für einen eigenen Staat. Doch der Mythos eines westukrainischen, in Lwiw verwurzelten Hasses auf die Russen hält sich bis heute, vor allem bei den Russen und den russischstämmigen Ukrainern im Osten unseres Landes», erklärt Nasaruk im Gespräch. Dieses Negativimage Lwiws wolle er demontieren, und zwar auf eine Art, die die Leute unmittelbarer anspreche, als wenn sie in ein Museum gingen. Der Erfolg gibt ihm recht. Schon im ersten Jahr der Existenz hat die «Kryjiwka» etwa 650 000 Gäste angezogen, und auch in der jetzigen Wirtschaftskrise, die die Ukraine besonders schwer getroffen hat, ist das Lokal berstend voll. Vor allem aber, sagt Nasaruk, seien rund 40 Prozent der Besucher des Restaurants russischsprachig. Bei einem Bier und guter Stimmung kämen sie hier in Kontakt mit einem Kapitel der ukrainischen Geschichte, über das man in der Sowjetzeit nicht habe sprechen dürfen.
Der 28-jährige Nasaruk ist indes nicht nur ein ukrainischer Patriot, sondern auch ein Kosmopolit. Das schliesst sich keineswegs aus in einer Stadt, die in den letzten 200 Jahren österreichisch, polnisch, deutsch und sowjetisch war, einst einen jüdischen Bevölkerungsanteil von 35 Prozent hatte und heute Teil der Ukraine ist.
Die Kneipen eines Intellektuellen
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Kultur, Religion und Geschichte ⇒ NZZ: Von Aufständischen und Masochisten in Lwiw
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