Och, manche können sich auch alleine vor den Spiegel setzen und "labern"
Es gibt nicht das von Natur aus schlechte oder gute Volk. Auch in Rußland gibt es die verschiedensten Strömungen, wobei Putin fast noch das kleinere Übel ist. Und ohne eine Unterstützung (aktiv, wohlwollend, stillschweigend duldend) hält sich kein Herrscher dauerhaft an der Macht. Angenommen, es kommt zu einem totalen Krieg - der sich in dieser Situation mehr politisch und wirtschaftlich ausgestalten würde - Rußland wäre weltweit geächtet, aus nahezu allen internationalen Projekten ausgegrenzt und es herrscht Armut, Rückstand und sogar Hunger. Dann wird Putin sicher irgendwann in Rente gehen müssen. Und dann? Rußland fällt auf die Knie, bittet um Vergebung? Und danach, das Volk jubelt und freut sich? Nein, das würde als Schmach empfunden, die Sehnsucht nach Wiederherstellung des Verlorenen würde folgen. Dann warte nur auf den nächsten entsprechenden Demagogen, der das Volk erst so richtig anheizt. Man wäre sehr schnell bereit, auf Wohlstand zu verzichten, um eine starke Armee zu finanzieren. Denke mal an Deutschland nach dem ersten Weltkrieg. Hitler hätte nie eine Chance gehabt, wenn im Volk nicht sehr viel als Folge des ersten Weltkrieges gelodert hätte.
Deswegen ist die Politik der Sieger und Verlierer heutzutage eine brandgefährliche Politik. Das hat Europa aufgrund seiner schmerzlichen Geschichte erfolgreich gelernt.
Natürlich muß Putins Imperialismus Einhalt geboten werden. Aber eben mit Augenmaß. Es muß für Putin und das russische Volk ein Weg zurück geben, ohne daß sie es als Niederlage empfinden.
Dragan hat einiges zum Konsensbestreben innerhalb Europas geschrieben. Natürlich ist es mühsamer, unter Vielen ein Konsens zu finden, der dann auch von allen mitgetragen wird. Der Konsens ist aber dauerhafter und stärker, als eine von oben verordnete Entscheidung (die dann bei Veränderung der Machtverhältnisse auch sehr schnell wieder gekippt werden kann).
Ein wenig zeigt sich das doch jetzt auch in der Ukraine. Es reicht eben nicht, mal schnell die Regierung zu wechseln, wenn es die Machtverhältnisse hergeben. Zumindest in einigen Landesteilen gibt es einige Vorbehalte. Natürlich hat Putin gezündelt und durch Propaganda aufgehetzt. Aber ohne ein gewisses Maß an Zustimmung innerhalb Teilen des Volkes wäre das nie erfolgreich gewesen.
Rußland und Putin wollen verschiedenes. Zur Größe der SU zurück, ebenso aber weltweite Anerkennung, wirtschaftliche Weiterentwicklung und Wohlstand. Es ist immer eine Frage des Preises, welches Ziel an erster Stelle steht. Ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wenn die freie Welt sich ignorierend rausgehalten hätte. Auch wenn es manche so im Moment vielleicht nicht empfinden, ich bin mir sicher, daß auch im Kreml sehr genau gerechnet wird, wie weit man gehen kann und das manche wünschenswerte Ziele halt eben nicht (mehr) wie geplant verfolgt werden.