Hallo
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.... auch wenn der Thread uralt ist, habe ich es doch zur einen kleinen Rundreise in die Ukraine geschafft. Die Hinderungsgründe waren irgendwie vielfältig. Zu wenig oder zuviel Arbeit, verliebt und einsam, krank und gesund .... der alltägliche Horror halt ... aber nie die Zeit dafür.
Jedenfalls wurde es statt Frühling Herbst und das auch ein paar Jahre später. Meine Tour führte mich von Polen - Slowakei dort über die Grenze nach Uschhorod, Czernowitz, Lviv . Dort blieb in Uschhorod ich ein paar Tage um zu relaxen und einen Eindruck von der Ukraine zu bekommen. Mit englisch kam man gut durch und der Rest besorgte der google Übersetzer. Ansonsten, endlich im wilden Osten.....
Mich hat die Geschichte der Stadt Czernowitz als Stadt der Dichter und Bücher. Die Straßen dorthin teils ein Horror, schlimmer als Feldwege oder man sollte google nicht immer vertrauen. Aber egal. Czernowitz empfing mich mit warmen Spätsommer, Top-Musikern auf den Straßen, offenen Straßencafes, wunderschönen Mädchen und entspannter Atmosphäre. Auch auch wirkliches Elend, Armut und ein teils noch post-sowjetisches Leben. Jedenfalls stromerte ich drei Tage durch die Stadt genoss den alten Charme und die Historie der Gegend. Von der Multikulturalität der Stadt ist nichts mehr übrig, es sind nur noch die Häuser und Gebäude, die davon erzählen. Es braucht Phantasie.
Mein persönliches High-Light war der Besuch des alten jüdischen Friedhofs oben auf dem Berg. Ich hatte Glück und war dort über drei Stunden vollkommen alleine. Hier war Geschichte und hier sprachen die alten Steine davon wie es früher einmal war. Vielleicht etwas morbid, aber es fiel mir schwer von dort zu gehen.
Im Hotel, dass etwas außerhalb war, sprach der Hotelmanager gut englisch. Wie das so ist kam man auch auf Politik obwohl ich mich im Ausland bei solchen Diskussionen zurückhalte. Jedenfalls konnte ich feststellen, dass man anscheinend auch in der Ukraine eine ziemlichen Gehirnwäsche unterliegt. Meinen Einwurf auf seinen Anti-Terror-Krieg im Donbass, dass dies ein Bürgerkrieg sei und dort auf die eigenen Landsleute geschossen und gestorben wird, machte ihn ziemlich betroffen.
Es war Zeit Czernowitz Lebewohl zu sagen und die Tour nach Lviv anzutreten. Diesmal lotse mich google über bessere Wege und das Apartment in Lviv fand ich direkt. Meine Vermieterin erwartete mich schon in einem Kommunalka Haus. Eingang, Flur, Innenhof scheußlich. Hat man dies überstanden fand ich ein schickes Apartment mitten im Zentrum von Lviv mit dreifach gesicherter Tür vor.
Was soll man schreiben über Lviv? Jeder Stein ob am Boden oder gemauert als Wand hat Geschichte. Die Menschen auf den Straßen, so sieht für mich das alte Europa aus. Musiker, die diese Bezeichnung verdienen und die binnen Minuten soviel Publikum anziehen und die vielen jungen Menschen mitsingen weil sie alle Lieder kennen. Überhaupt fiel mir der junge Altersdurchschnitt der ukrainischen Bevölkerung auf. Ich fühlte mich alt …….
Auch abends alle Cafes und Restaurants proppevoll. Müssen die nicht arbeiten? Wie schafft man das? Wie finanziert man das?
Am nächsten Tag machte ich eine Stadtrundfahrt mit diesem Zuckelzug und die Erkenntnis reifte, alles viel zu viel um dies in den paar Tagen zu schaffen und wieder zu kommen. Die Tage waren schneller vorbei als ich schauen konnte. Daher blieb auch nur die Möglichkeit die Rückfahrt in einem Rutsch zu machen, mit einem guten Auto und „Sitzfleisch“ geht das.
Ich habe jedoch nicht mit 5 Stunden Wartezeit bei der Ausreise gerechnet. Und der polnische Zöllner war angepisst weil ich mich laut beschwerte als er mir nur zwei Päckchen Kippen aus der Stange Marlboro lies. Er schicke mich in die berüchtigte Halle zur Vollkontrolle. Da war ich nun angepisst. Aber sie liessen die Karre ganz und bücken musste ich mich auch nicht
Was blieb an subjektiven Eindruck in den paar – zuwenigen - Tagen? Schreckliches Elend und Armut und Reichtum nah beinander. Unendlicher blauer Himmel und gelbe Felder. Tapfere Menschen die jeden Tag verbissen zu kämpfen scheinen und jeden Deutschen bei dem Überlebenskampf wohl zusammenbrechen lassen würden. Die Babuschka, die mir vor Dankbarkeit die Hände küssen wollte, die mit ihrem Mann und ihrem uralten Lada mit einer Autopanne auf der Landstraße standen und ich den Oldtimer wieder flott bekam. Die mageren Händedrücke der alten Menschen und Gebete für mich, denen ich das komische Geld – genannt Griwna - in ihre dürren Hände gab.
Die wunderschönen Frauen und Mädchen die morgens um 7:30 Uhr aus post-sowjetischen, achtstöckigen Plattenbauten, mit einem Eingang wie zu einer Grotte, topgestylt rausploppen und ich sicher bin, dass frau um so auszusehen mindestens drei Stunden vorher vorm Spiegel stehen muss.
Und weiter? Ukraine ich komme wieder! Und nicht in ein paar Jahren erst. Im Frühling 2020.
Leben habe ich dank der Gebete der Babuschkas nun genug.